1. Warum es einen riesen Unterschied macht, wenn deine Arbeitskleidung nachhaltig ist
Der Markt für Arbeitskleidung in Deutschland ist ca. 1 Mrd. Euro (2019). Das beinhaltet ganz allgemein die Kleidung für Berufsgruppen wie Handwerk, Bauwirtschaft, Landwirtschaft / Gartenbau, Medizin/ Pflege, Lebensmittelindustrie als auch Hotel/ Gastro. Der Markt teilt sich in Mietservice und Kauf. Die Anforderungen an Berufskleidung sind höher als bei Fashion oder Streetwear: Hygieneanforderungen mit höheren Reinigungstemperaturen, Abriebfestigkeit des Materials für Betonarbeiten oder mit schweren Maschinen oder Funktionalität für Aufbewahrung von Werkzeug.
Wie hoch ist der nachhaltige Anteil im Markt? Hierzu gibt es noch keine verlässlichen Zahlen. Man kann Rückschlüsse von der weltweiten Baumwollproduktion ziehen. Jedes Jahr bauen wir ca. 30 Mio. Hektar Baumwolle an mit einem Ertrag von 25 Mio. Tonnen Baumwolle. Weniger als 1% davon werden ökologisch angebaut (Jahr 2019).
Wirklich nachhaltig sind biologisch angebaute Stofffasern wie Baumwolle, Leinen oder Hanf, mit einer hochwertigen, langlebigen Verarbeitung und zeitlosen Designs. Recycelte Altstoffe sind theoretisch nachhaltig, werden aber fast nicht verwendet, zu komplex und teuer. Kunststoffe aus recyceltem Material wie z.B. alte Fischernetze aus dem Meer oder Plastikmüll gelten als nachhaltig, haben allerdings eine eher schlechte Bilanz.
Die Auswirkungen des Konsums von Arbeitskleidung sind gravierend und betreffen den gesamten Lebenszyklus: Anbau der Stofffasern, Herstellung von Stoff und Kleidung, Lebensdauer des Produkts und Entsorgung. Der Plastikanteil im Stoff ist bei Arbeitskleidung meist sehr hoch, häufig über 50%. Eine Entsorgung findet standardmäßig über den Restmüll oder „land-fill“ statt, auf Deponien und in der Müllverbrennung. Ein weiterer wichtiger Punkt bei dem Massenmarkt Arbeitskleidung sind die Arbeitsbedingungen in der Produktion: gute soziale Arbeitgeber sind leider nicht der Standard.
Wichtig ist zuerst das Bewusstsein und dann das Handeln: mein Konsum hat große Auswirkungen, meistens auf sehr globale Strukturen. Je lokaler ein Produkt, umso besser für die Nachhaltigkeit.
2. Welche Arbeitskleidung passt zu meinem Job? Die 3 verschiedenen Arten von Outfits
Du bist viel draußen unterwegs bei Wind und Wetter, und brauchst Arbeitskleidung, die funktioniert? Es gibt 3 Arten:
A) Branche: Baustelle, Landwirtschaft, Gartenbau und zum Teil Handwerk arbeiten primär draußen und brauchen robuste Kleidung. Am besten klimatisierend als Schutz bei Kälte oder mit Belüftung bei Hitze.
B) Spezialkleidung für bestimmte Berufsgruppen. Das kann Schnittschutz für Forstarbeit oder Baumkletterei sein, Hitze/Feuerbeständige Kleidung für z.B. Feuerwehr oder Schweißen. Für die meisten Spezialanforderungen gibt es Klassifizierungen und Normen, z.B. EN ISO 11612:2015 Schutzkleidung zum Schutz gegen Hitze und Flammen oder EN ISO 14404 Knieschutz für Arbeiten in kniender Haltung
C) Saison-Kleidung: Es gibt zusätzlich auch Arbeitskleidung für Kälte oder extra-leichte Sommerkleidung, zum Teil mit Belüftung ähnlich wie wir es im Outdoor-Bereich kennen.
3. Ist nachhaltige Arbeitskleidung immer die bessere Wahl? Alle Vor- und Nachteile auf einen Blick
Die Vorteile:
- Nachhaltige Arbeitskleidung ist im Grunde gleichwertig robust. Es kommt auf die Zusammensetzung des Materials an, und auf den Einsatz. Wird die Nachhaltigkeit erreicht, indem die Baumwolle durch Bio-Baumwolle ersetzt wird und der Polyester-Anteil durch recycelte Fasern/Kunststoff? Völlig gleichwertig, sollte sich auch in der Klassifizierung spiegeln. Material aus 100% Naturfasern muss sehr robust sein, dicht gewebt und von hoher Qualität.
- Langlebigkeit: Hochwertige Stoffe und saubere Verarbeitung sorgen für eine lange Tragezeit und werden dadurch nachhaltig. Wie einfach lassen sich die gerade eher schmutzigen Hosen waschen? Reicht die normale Maschinenwäsche, oder muss man mit viel Chemie die Flecken vorher behandeln, oder mehrfach extra heiß waschen?
- Kreislaufwirtschaft: Das Ziel ist hier, ein Produkt im Kreislauf zu erhalten, durch Recycling und Upcycling die Fasern z.B. wiederzuverwenden. Oder die Entsorgung ist am Lebensende über Kompostierung möglich. Das funktioniert, wenn die Bekleidung aus 100% natürlichen, unbelasteten Fasern besteht.
Die Nachteile:
- Spezial-Arbeitskleidung ist an belasteten Stellen z.B. Knien mit Kevlar oder Cordura verstärkt. Diese synthetischen Fasern bieten besondere Festigkeit bei Schnittschutz und Abrieb, und sind bisher nicht als nachhaltig erhältlich.
- Auswahl: Der Markt für Arbeitskleidung ist riesig, die Auswahl an nachhaltigen Produkten noch sehr begrenzt. Einzelne Bereiche wie Handwerk, Landwirtschaft und Gartenbau, wo die Anforderungen eher im Standard liegen, finden leichter Angebote. Auch für Arbeitskleidung im Innenbereich wie Pflege oder Gastronomie sollte ein Austausch hin zu nachhaltigen Produkten bereits gut möglich sein.
- Klassifizierung & Normen: der nachhaltige Bereich der Arbeitskleidung ist in den Kinderschuhen. Entsprechend ist die Klassifizierung noch nicht überall da, auch wenn die Produkte bereits nachhaltig verfügbar sind.
- Preise: Der Anbau von ökologisch erzeugten Pflanzenfasern ist teurer als von konventionellen. Pflanzenkulturen dürfen nicht mit den Standardmitteln gespritzt werden, es wird zum Teil mechanisch gearbeitet. Auf Gentechnik wird verzichtet. Hinzu kommt die Zertifizierung der Stoffe und Produkte. „Fast Fashion“ mit Massen an billigen Produkten ist ein negativer Trend, der auch den Arbeitsbereich nicht verschont.
4. Darauf musst du achten, wenn du nachhaltige Arbeitskleidung aussuchst
Mach den Check, ob deine aktuelle Arbeitskleidung durch nachhaltige Produkte ausgetauscht werden kann, wenn du für Ersatz sorgen musst. Schau dir deine Arbeitskleidung genau an, was trägst du gern, was hilft dir bei den Jobs? Je länger du jedes einzelne Teil trägst, umso nachhaltiger.
- Welches Material steckt in der Kleidung? Sind es natürliche Pflanzenfasern, Kunststoff z.B. Polyester, oder ein Mix? Muss es verstärktes Material sein? Je weniger Kunststoff, umso nachhaltiger. Auch recyceltes PVC hat eine sehr schlechte Energiebilanz.
- Spezial-Bedarf: Welche DIN-Norm oder PSA (persönliche Schutzausrüstung) muss deine Kleidung erfüllen?
- Passform: kannst du frei wählen, oder gibt es für deinen Arbeitseinsatz spezielle Anforderungen? Bundhose, Latzhose, kurze Hose, Overall usw.
- Funktion: was unterstützt deine Arbeit? Kniepolster, Zollstocktasche, Handytasche oder eine Befestigung für extra Werkzeugtaschen?
- Wasserdicht oder feuerfest?
- Größen: kaufe die richtige Größe, es gibt Normal-, Kurz- und Langgrößen für Frauen und Männer
5. An diesen 8 Siegeln erkennst du, ob deine Kleidung wirklich nachhaltig ist
Textiles Global Ecolabeling Network ist eine globale non-profit Organisation. https://www.ecolabelindex.com/ecolabels/?st=category
A) GOTS-Siegel Strenger Öko-Standard, faire Produktion
B) Fairtrade Produkt Siegel für Baumwolle: Siegel für fairen Handel
C) IVN Strengen Öko-Kleidungs-Siegel, nur Naturfasern
D) Grüner Knopf: Öko-Standard, faire Produktion
E) Made in Green by Oeko-Tex: Fokus auf schadstoffarme Textilproduktion
F) Bluesign Siegel: Fokus auf schadstoffarme Textilproduktion, faire Produktion
G) OCS (Organic Content Standard): Öko-Standard
H) EU Ecolabel: Öko-Standard für Textil und viele andere Produkte
Weltweit gibt es viele Ökosiegel. Sie haben unterschiedliche Anforderungen an die jeweiligen Produkte. Bei Bekleidung haben sich aktuell die o.g. Siegel in Deutschland und Europa durchgesetzt, aber es gibt auch viele andere, z.B. Naturland Textil oder Green Shape von VAUDE. Hier hilft ein Check des Siegels oder eine Anfrage beim Hersteller zu Details. Wichtige Stellschrauben hin zur Nachhaltigkeit sind Verzicht auf Pestizide und Gentechnik und Reduktion des Wasserverbrauchs.
Die Begriffe “Bio” und “Öko” sind bei Lebensmitteln streng geschützt. Bei Textilien sind diese Begriffe rechtlich nicht geschützt, genauso wenig die Begriffe „nachhaltig“, „fair“ oder „umweltfreundlich“.
6. Diese 3 Fehler solltest du beim Kauf vermeiden
Du willst einen nachhaltigen Konsum, am besten in allen Bereichen? Fange bei deiner Kleidung an, und beziehe deine Arbeitskleidung mit ein. Vermeide diese Fehler:
- Schnellkäufe: du hast in Kürze einen wichtigen Termin, aber keine saubere, ordentliche Arbeitshose? Prüfe dein Material, reicht eventuell die Waschmaschine zur Auffrischung oder eine kleine Reparatur mit Nadel und Faden? Vor dem spontanen Neukauf solltest du alles einmal durchsehen, damit du unnötige Käufe vermeidest. Und alle Käufe am besten geplant mit Zeit und Ruhe machen.
- Falsche Größe: du willst eine bestimmte Hose, kennst dein Modell, hast es vielleicht schon mal gekauft? Deine Größe ist nicht im Shop? Oder, das Modell was du als Frau willst, gibt es nur für Männer. Kaufe nur deine passende Größe, nimm dir die Zeit für den Check von Größentabellen oder automatischen Größenfindungs-Tools. Dein Arbeitsmaterial muss passen ohne Kompromiss. Eine Männerhose kann Frauen leider nicht wirklich passen, dafür sind die Körper meist zu verschieden geformt.
- Ausgefallene Styles: klassische Designs bieten eine lange Nutzung, wir sehen uns nicht satt. Sie sind leicht zu kombinieren. Saisonale Styles mit auffälligen, knallbunten Details sind zur Abwechslung nett, leider hat man davon schnell zu viel. Und wenn gefühlt jeder mit „meiner“ Hose rumläuft, finde ich das auch nicht so toll.Je länger du ein Teil trägst, umso nachhaltiger ist die Bilanz. Und umso besser für dich, spart Geld und hilft der Umwelt.
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